05.03.12

Der feige Fürst.

In Liechtenstein, im «Ländle», hatte 2011 eine Volksinitiative («Hilfe statt Strafe») die Legalisierung der Abtreibung in den ersten 12 Wochen einer Schwangerschaft gefordert – analog zur Rechtslage in den Nach­bar­staaten Österreich und Schweiz.
Erbprinz Alois, der «amtsausführende Stellvertreter» und Nachfolger des Landesfürsten Fürst Adam II. kündigte daraufhin an, das Gesetz nicht zu unterzeichnen, auch wenn es in der Volksabstimmung ange­nommen werden sollte – was dann nicht der Fall war; die fürstli­che Drohung hatte nämlich die erhoffte Wirkung entfaltet.
Der Regent stützte sich dabei auf die liechtensteinische Verfassung von 1921 (leicht revidiert 2003), wonach Volksabstimmungen selbst bei Zustimmung durch die Mehrheit des Volkes zwingend auch der Zustimmung des Landesfürsten bedürfen (Art. 112 der → Verfassung des Fürstentums Liechtenstein).

Daraufhin haben Bürger mit vertieftem Demokratie-Verständnis in Liechtenstein jetzt eine weitere Volksinitiative lanciert («Ja - damit DEINE Stimme zählt»), die dieses Vetorecht des Fürsten abschaffen will (→ Demokratiebewegung in Liechtenstein).
Das Fürstenhaus widersetzt sich natürlich auch dieser Initiative und äussert sich auf zwei Wegen:
  • «Wenn das Initiativkomitee aber die Verfassung ohne Zu­stim­mung des Fürsten­hauses ändern möchte, ist eine Volks­initiative nach Art. 64 der Landesverfassung der falsche Weg. Ein solches Bestreben kann nur durch eine Volksinitiative nach Art. 113 der Landesverfassung erreicht werden» (→ Pressemitteilung vom 09.02.2012). N.B.: Eine Volksinitia­tive nach Artikel 113 hätte aus­schliess­lich die Abschaffung der Monarchie zum Thema; und dagegen hätte der Fürst dann auch kein Vetorecht.
  • Das Fürstenhaus bezeichnet die gegenwärtige Regierungs- und Staatsform als «Dualismus», auch wenn es in Tat und Wahrheit reiner Monismus ist, ausgeübt durch das Fürstenhaus. Wenn das Volk diesen «Dualismus» aber nicht mehr wolle, «dann möchte das Fürstenhaus auch keine politische Verantwortung mehr übernehmen und sich mit einem klaren Schnitt gänzlich aus dem politischen Leben in Liechtenstein zurückziehen. Denn der Name Liechtenstein ist zu eng mit dem Fürstenhaus verbun­den, als dass nicht auch weiterhin das Fürstenhaus mit der Politik Liechtensteins in Verbindung gebracht würde. Als Fei­gen­blatt einer nicht mehr vom Fürstenhaus getragenen Politik möchte das Fürstenhaus aber nicht dienen. Solange das Volk jedoch die jetzige Staatsform des Dualismus beibehält, wird sich das Fürstenhaus nach bestem Wissen und Gewissen für die Geschicke des Landes einsetzen» (→ Thronrede von Erbprinz Alois am 01.03.2012).
Mit anderen Worten: Das Fürstenhaus «droht» damit, sich in diesem Fall aus der Politik und wohl auch aus dem «Ländle» zurückzuziehen. Schlimm, nicht?
Was für ein Demokratie-Verständnis im 21. Jahrhundert, was für ein Geschichts­bewusstsein, was für eine Anmassung — und was für ein Kommunikations-Stil!

Da sind ja die Engländer längst viel weiter:
Nach der Magna Charta (1215) etablierte sich dort peu–à-peu die parlamentarische Monarchie. Zwar brauchte es auch noch die Schlacht bei Lewis, um den damaligen Heinrich III. endgültig von der Demo­kratie zu überzeugen. Aber seit König Eduard (1274) war das dort endgültig kein Thema mehr.

Ob auch das liechtensteinische Fürstenhaus mehr Säbelrasseln braucht?
Immerhin ist die Ähnlichkeit dieser beiden Herren ja frappant, und beide kämpfen gegen die Demokratie und gegen ihr eigenes Volk (oben Erbprinz Alois, unten Assad von Syrien) — feige sind beide: