24.09.11

«Wer erfolgreich erwacht,
ist später ins Bett gegangen.»
Unterschrift: Simon Ammann, Skispringer
Gegenzeichnung: Bank Julius Bär


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Nun, wirklich ein herausragender Spruch von Ammann, den die Bank flugs so zu interpretieren versteht:
«Simon Ammann ist dafür das beste Beispiel. Als vierfacher Olympia­sieger weiss er, dass einem einzigen Sprung Monate akribischer Arbeit vorausgehen. Auch im Private Banking hat nur Erfolg, wer viel­schichtige Abläufe aufeinander abstimmt und unaufhörlich an den besten Lösungen feilt. Da kann die Nacht schon mal zum Tag werden.»

Doch, doch, die Banken und ihre Werbeagenturen (hier Jung von Matt/Limmat) werden laufend kreativer. Es ist schon fast beängsti­gend. Die einen engagieren Deppen (→ Clientis), die anderen eben Dünnbrett-Springer.

Wie hatte doch Boris Collardi, CEO der Bank Julius Bär, vor gut einem Jahr gesagt: «Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Simon Ammann. Er ist trotz inter­nationalem Erfolg im Spitzensport als Mensch authentisch und bodenständig geblieben. Er passt als Sympathie­träger zu unserem noch stärker auf die Bedürfnisse der Kundschaft ausgerichteten Auftritt in der Schweiz.»

Oh ja, sein Spruch ist extrem authentisch und bodenständig. Und «Swiss made» sowieso.

Ich hätte da noch einen weiteren sinnreichen Spruch, den Amman gelegentlich absondern und Bär gegenzeichnen könnte: «Wer früher stirbt, ist länger tot.» Der ist wenigstens nicht ohne Logik.

Springer, bleib bei deinen Brettern!

15.09.11

Bankwerbung für Deppen.

Jedes Mal, wenn diese Werbung läuft, bin ich fassungslos: der Clientis-Haltestellenspot im missglückten Charlie-Chaplin-Look. Er könnte auch «Der Wortspiel-Depp und die kühle Blonde» heissen:


Man muss sich den Ablauf auf der Zunge zergehen lassen:
Eine Bank steht an einer Bushaltestelle. Ein Depp schickt sich an, dort Platz zu nehmen (um auf den Bus zu warten, mutmassen wir), fragt aber höflich die kühle Blonde, die schon dort sitzt, ob er sich hinsetzen darf. Sie sagt, ziemlich zickig: «Isch ja e Bank», steht abrupt auf, und steigt in den Bus. Der Depp setzt sich hin und wartet – wie ich es mir ausmale – auf den nächsten Bus, der wohl erst wieder zur gleichen Zeit am Tag darauf vorfahren wird, und salbadert wie entrückt: «Tipptoppi Bank!»

Es ist schon jenseitig hyperkreativ, wie diese Werbung die Doppel­bedeutung des Wortes Bank ausreizt. Vorstellbar, dass der verantwort­liche CD irgendwo an einem Oktoberfest nach ein paar Mass plötzlich gemerkt hat, dass das Modell zum Drauf­sitzen gleich heisst wie das Modell für den Geldverkehr. Der geniale Einfall des Jahrzehnts!

Dass die Banker aber nicht draufgekommen sind, dass so ein Depp jetzt bei den Zuschauern als der erwünschte Clientis-Musterkunde rüber­kommt, erschüttert mich fast noch mehr als der Spot selbst.

10.09.11

Schawinski – Abschaltknopf inkl.

Es waren nur gerade 115’000 Zuschauer, die Roger Schawinski am 22. August zuguckten, als er auf SF1 seine erste Talkshow startete – ein Marktanteil von knapp über 18 Prozent. Ein bisschen wenig, ange­sichts der durch saftige Vorankündigungen hochgepushten Erwartun­gen.
In der Sendung, die Schawinskis Talkshow vorausgegangen war, hatte man noch 73’000 Zuschauer mehr verzeichnet (insgesamt also über 20 Pro­zent); und jene Sendung war das Wirtschaftsmagazin «Eco». Bei Schawinski ging es ja auch um «Economy» – so hatte man wenigstens gehofft, denn der Privatbankier Konrad Hummler war sein erster Gast.
Aber es drehte sich ja nicht wirklich um Wirtschaft und Banking, sondern um Schawinski, der in den 27 Minuten in einem Affentempo die Fragen herunterspulte, zu denen er von Hummler gern mehr gehört hätte, wenn denn bloss Zeit zum Zu­hören geblieben wäre.

Eine Woche später war Wirtschaft scheinbar erneut das Thema, dies­mal mit dem Unternehmer und Nationalrat Peter Spuhler. Der Markt­anteil der Sendung stieg leicht an, lag aber immer noch unter 20 Pro­zent und blieb damit die einzige SF1-Sendung zwischen 18 und 23 Uhr, die von weniger als 20 Prozent der Zuschauer gesehen wurde.

Schawinski zum Dritten: Obschon es schwierig sei, in der Schweiz spannende Frauen zu finden (wie er der Zeitschrift «Annabelle» anvertraut hatte), hat er am 5. September Karin Keller-Sutter einge­laden, die Regierungsrätin aus St. Gallen. Sie hat den Draufgänger mit diplomatischen Antworten ordentlich aus der Fassung gebracht, so dass er schliesslich sagte: «Ich lade Sie nicht mehr ein, Sie beant­worten keine Fragen!»
Aber die meisten Zuschauer hatte das längst schon nicht mehr inter­essiert. Der Markt­anteil war auf wenig mehr als 17 Prozent abgesackt, ein Rekordtief.

Offensichtlich hatten die Leute nämlich rechtzeitig den Abschaltknopf auf ihrer Fernbedienung betätigt, was ihnen Schawinski und die TV-Designer ja schon in Sende-Logo und -Möblierung nahe­gelegt hatten:




Denn dieses Ein-/Ausschaltsymbol entspricht dem Standard 60417 der IEC (Inter­national Electrotechnical Commission) und ist heutzutage praktisch auf jeder Fern­bedienung zu finden:

Wahrlich, ein meisterhaft platziertes Schawinskisches Eigengoal.

04.09.11

Die allgemeine Wetterlage.

Der Name Swisscanto hat mich schon immer fasziniert. Er würde gut zu einer a-capella-Gruppe passen, aber über all die Jahre hinweg ist jedermann zumindest dieses klar geworden: Er hat mit nicht näher spezifizierten Anlage- und Vorsorgelösungen zu tun.

Seit langem wird auf SF1 die Wetterprognose eingeleitet mit dem Intro «Nun folgt Meteo, mit Swisscanto Vorsorgelösungen». Mehr bringt man in einen 8-Sekunden-Sponsoring-Spot einfach nicht rein:


Aber weder Sandra Boner noch die anderen Wetterleute auf dem Leutschenbach-Dach erwähnen Vorsorgelösungen auch nur mit einem Wort.

Und im Outro heisst es dann wieder «Das war Meteo, mit Swisscanto Vorsorgelösungen»:


Der Zuschauer, der erwartungsvoll auf Wetter plus Vorsorgelösungen eingestellt war, ist verdutzt und gezwungen, Swisscanto zu googeln.
Meist reicht dann aber die Zeit vor dem Tatort nicht wirklich, und zwei Minuten später ist die Sache ohnehin vergessen.

Es gibt übrigens eine Variante des Spots, der mit «Swisscanto ... für passende Lösungen» endet. Das ist natürlich für den Zuschauer sehr aufschlussreich, denn in der Regel sind Lösungen ja unpassend.